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Sächsisches Handwerk fürs Berliner Schloss

Sächsisches Handwerk fürs Berliner Schloss

Steinbildhauerin Anna Lange und Steinbildhauermeister Rico Wagner fertigen in der Schmöllner Werkstatt Teile für das Eingangsportal des Berliner Stadtschlosses an. | Foto: kk

Schmölln. Aus sächsischem Sandstein bestehen einige Figuren am Berliner Stadtschloss. Aus dem Stein gehauen wurden sie in Schmölln von zwei sächsischen Steinbildhauern.

Gegen die Kälte im Winter helfen warme Kleidung, richtig dickgefütterte Schuhe und ein Heizstrahler. Auf warme Handschuhe verzichten die beiden Steinbildhauer in ihrer Schmöllner Werkstatt. Erst bei Temperaturen unter minus 15 Grad Celsius arbeiten Anna Lange und Rico Wagner nicht mehr. Gut, dass dieser Winter mild war, denn eine Pause hätte den Abgabetermin für das aktuelle Projekt in Gefahr gebracht.

Seit Herbst 2014 hat sie dieser Auftrag beschäftigt. Für das im Wiederaufbau befindliche Berliner Stadtschloss fertigen die beiden Steinbildhauer den Sandsteinbogen und alle Figuren und Verzierungen des Eingangsportals der Westfassade. 17 Bogensteine und zwei riesige Engel in mehreren Teilen entstanden in den zurückliegenden eineinhalb Jahren. Zusammengebaut nimmt dieser Teil der Fassade eine Fläche von 14 mal sieben Metern ein. Dabei befindet sich die untere Kante immer noch etwa 15 Meter über dem Erdboden.

Die Figuren wurden anhand von 1:1-Gipsmodellen in den Reinhardtsdorfer Sandstein gehauen. Ein Autokran hievte die großen Steinblöcke in die Werkstatt und war auch vor Ort, wenn die Sandsteinblöcke gedreht wurden, um auch die letzte Seite zu bearbeiten. „Der schwerste Sandsteinblock war 13,5 Tonnen schwer“, berichtet Rico Wagner. Der Steinbildhauermeister arbeitet seit 33 Jahren in diesem Handwerk und hat schon für viele große und kleine Projekte in ganz Deutschland vor allem Sandstein aber auch Marmor und Kalkstein in die historisch richtige Form gebracht. Doch das Portal des Berliner Stadtschlosses ist der bisher größte und umfangreichste Auftrag.

Auch die letzten beiden noch recht kantigen Sandsteinblöcke füllen einen großen Teil der Werkstatt in Schmölln. Zuerst wird mit kräftigen Schlägen die grobe Kontur in den Stein gehauen. Verschiedene Eisen und Fäustel liegen dafür bereit. „Es ist anstrengend und Kräfte zehrend, aber dafür bleibt man warm“, sagt Anna Lange, die seit elf Jahren Steinbildhauerin ist. Anschließend werden mit einem Punktiergerät exakt die Maße des Modells auf den Sandstein übertragen. Bei einer Einbautiefe von 75 Zentimetern muss Steinbildhauerin Anna Lange davor noch einen Teil des Engelsflügels herausarbeiten. Wenn Rico Wagner fertig ist, wird eine überlebensgroße Hand auf dem Sandsteinblock liegen.

Beide arbeiten ganz traditionell ausschließlich mit Muskelkraft, wie es auch die Erbauer des Stadtschlosses taten. Pressluft kommt beim Schmöllner Steinbildhauer nur zum Wegblasen des feinen Steinstaubs zum Einsatz. Die größeren abgehauenen Stücke werden mit der Schubkarre in den bereitstehenden Container gefahren. Bei der Arbeit für das Portal des Berliner Stadtschlosses sind fast sechs Container Sandsteinschutt angefallen. Für die feinen Details ist wiederum viel Geduld gefragt. Heizstrahler wärmen die Steinbildhauer, wenn sie mit zarten Schlägen und feinen Eisen die Struktur der Federn oder die Falten an den Gewändern herausarbeiten.

Ist alles fertig, erscheint eine 13-köpfige Kommission in Schmölln. „Jeder einzelne Stein wird abgenommen“, berichtet Rico Wagner. Schon zur Vorbereitung gab es viele Gespräche über die Besonderheiten des preußischen Barocks, die Stilelemente und sogar den Gesichtsausdruck der Figuren. Nach Fotografien wurden die Gipsmodelle in Berlin hergestellt. Und die Steinbildhauer Rico Wagner und Anna Lange bringen ihre langjährige Berufserfahrung ein. Und auch wenn der letzte behauene Sandsteinblock die Werkstatt verlassen hat, ist für die beiden Handwerker das Projekt noch nicht beendet.

Voraussichtlich im Sommer werden sie nach Berlin auf die Baustelle des Stadtschlosses fahren und beim Einbau der Steine die Übergänge anarbeiten. „Alle Übergänge zu den anderen Bauteilen wurden mit rund zwei Zentimetern Zugabe gearbeitet“, erklärt Rico Wagner. Erst vor Ort wird dieser Überstand so abgearbeitet, dass die Steine exakt zueinanderpassen. So lassen sich kleine Unregelmäßigkeiten ausgleichen.

Im September 2019 soll das Stadtschloss in Berlin eröffnet werden und erst dann können sich die beiden ihr Werk ansehen. Vielleicht gibt es dann noch weitere Sandsteinfiguren oder Reliefs am Schloss, die unter ihren Händen entstanden sind. Die nächsten Anfragen aus Berlin gäbe es bereits, verrät Rico Wagner. Zuvor hat er in der Oberlausitz noch einige kleinere Aufträge bekommen und wird in diesem Jahr auch an den Brunnfiguren des Neschwitzer Barockschlosses arbeiten.

Katrin Kunipatz / 01.04.2016

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