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Flüchtlingsunterkunft in Zulassungsstelle

Flüchtlingsunterkunft in Zulassungsstelle

In der früheren Kfz-Zulassungsstelle in der Klenkestraße sollen bis zu 90 neue Plätze entstehen.

Niesky. Bis zum Ende des Jahres werden weitere rund 900 Flüchtlinge im Landkreis Görlitz erwartet. Um diesen Zustrom bewältigen zu können, lässt er in Abstimmung mit der Stadt Niesky derzeit die frühere Kfz-Zulassungsstelle in der Klenkestraße umbauen. Bis zu 90 Plätze sollen dort entstehen. Weitere Gebäude in anderen Kommunen könnten in den nächsten Wochen ins Blickfeld geraten.

Der Landkreis hat und bekommt viel Arbeit. Die extrem zunehmende Zahl von Flüchtlingen war noch vor Jahresfrist so nicht absehbar. Doch Werner Genau hat sich mittlerweile darauf eingestellt, dass es an Konstanten zu diesem Thema nur eine gibt: Veränderung. "Hatte man uns zum Jahresbeginn 2014 noch auf 281 Personen für das laufende Jahr vorbereitet, waren es im Mai bereits 534 und im August 723. Stand 13. Mai 2015 müssen wir damit rechnen, dass in diesem Jahr 1.484 Flüchtlinge in den Landkreis kommen werden", erläutert der zuständige Dezernent.

Die Zahlen richteten sich nach dem Anteil Sachsens von 5,1 Prozent am Flüchtlingsgesamtzustrom in die Bundesrepublik und der Quote von 6,46 Prozent, die der Landkreis Görlitz aufzunehmen habe. Allein die rund 600 Personen, die von Januar bis Ende Mai hierher gekommen seien, hätten eine Riesenherausforderung in Sachen Unterbringung dargestellt.

"Für Juni und Juli sind jeweils weitere 150 Menschen angekündigt. Darauf müssen wir natürlich reagieren", stellt Genau klar. Zwar werde man sich auch in Zukunft nicht vom Grundprinzip der dezentralen Unterbringung für Familien verabschieden, ohne neue Gemeinschaftsunterkünfte gehe es aber nicht, zumal das Verhältnis der familiengebundenen und der Einzelpersonen momentan ziemlich ungünstig sei.

Nach der Umwandlung einer ehemaligen Schule in eine Flüchtlingsunterkunft im März in Boxberg hat der Landkreis deshalb in den vergangenen Wochen intensive Gespräche in Niesky geführt, wo ihm die Immobilie der früheren Kfz-Zulassungsstelle in der Klenkestraße gehört. Bis Mitte Juni sollen dort 90 Plätze entstehen, denn dann wird schon der erste Bus mit 50 Neuankömmlingen erwartet. "Wir haben bereits sehr früh die Nieskyer Oberbürgermeisterin über unsere Pläne informiert, kurz darauf auch die Gremien des Stadtrates mit eingebunden und dem Nieskyer Wunsch entsprechend eine Arbeitsgruppe aus Verwaltung, Stadtrat und Bürgern gebildet, die sich um die Akzeptanz dieser Maßnahme in der Bevölkerung bemühen soll und will", sagt Werner Genau."Wir werden in Niesky ein Willkommensbündnis initiieren und die Einwohner der Stadt möglichst intensiv in das Thema mit einbinden", informiert Dr. Elke Glowna. Die Ordnungsamtleiterin des Landkreises denkt dabei an Einwohnerversammlungen, Teilnahme an Beratungen und regelmäßige Sprechzeiten im Sachgebiet Ausländer/Asyl des Ordnungsamtes in der Robert-Koch-Straße in Niesky.

Da die neue Flüchtlingsunterkunft eine "Einrichtung auf Zeit" sein soll, werden hier baulich lediglich Grundbedürfnisse erfüllt. Allerdings müssen die Räume wegen der früheren Nutzung etwas verändert werden. Hinzu kommt das Verlegen von Fußbodenbelägen und die malermäßige Instandsetzung. Auf den Einbau von Kochmöglichkeiten zur Essenszubereitung wird vorerst verzichtet, vielmehr sollen drei Mahlzeiten täglich in einen Speiseraum angeliefert werden, wo die Flüchtlinge dann verköstigt werden. Die Kosten für die Umbauten beziffert Hoch- und Tiefbauamtsleiter Dieter Peschel auf geschätzte 220.000 Euro – "ein vergleichsweise geringer Wert.

Der Aufwand je Platz hält sich hier in Grenzen, weil wir teilweise wiederverwendbare Materialien einsetzen – zum Beispiel transportable Duschen und als Gerüst ausgeführte Fluchttreppen." Bezahlen muss dies der Landkreis nicht selbst, denn der Freistaat Sachsen überweist in diesem Jahr 18 und im nächsten noch einmal 15 Millionen Euro zusätzliche zweckgebundene Mittel für die Schaffung baulicher Voraussetzung zur Unterbringung weiterer Flüchtlinge an die Kreise. Zu den regulär pro Person und Jahr gezahlten 7.600 Euro kommen circa 350.000 Euro für die soziale Betreuung der Asylbewerber hinzu.

Noch überwiegen die Zuzüge gegenüber den Fortzügen, durchschnittlich nur etwa 31 Personen verlassen den Landkreis jeden Monat. "Von den Menschen, die zu uns kommen, können etwa 30 Prozent sicher mit der Genehmigung ihres Asylantrages rechnen. Bei 30 bis 40 Prozent ist das aufgrund der Lage in ihren Herkunftsländern schwer vorherzusagen. Und weitere 30 bis 40 Prozent müssen davon ausgehen, dass sie abgeschoben werden", erläutert Werner Genau. Und er regt an, dass die Flüchtlinge der letzten Gruppe nicht erst in die Landkreise verteilt werden sollten, um die Akzeptanz der Bevölkerung nicht unnötig zu strapazieren. Ändern werde sich der Zustand im nächsten haben bis ganzen Jahr aber voraussichtlich nicht, denn von der Politik angeschobene Maßnahmen wie die personelle Aufstockung des Bundesamtes für Migration brauchten Zeit.

Um deshalb auf die noch ausstehenden Zuweisungen dieses Jahres reagieren zu können, bleibt der Landkreis auch nach der Umrüstung der früheren Nieskyer Kfz-Zulassungsstelle aktiv. "Wir sind ständig unterwegs, weil wir wissen, dass noch einiges zu tun ist – sowohl bei der dezentralen Unterbringung als auch bei den Gemeinschaftsunterkünften. Vorrangig werden wir kreiseigene Immobilien nutzen, aber auch der günstige Erwerb von Gebäuden ist nicht ausgeschlossen", erklärt der Dezernent. Niesky ist mit dann zwei Flüchtlingsheimen erst einmal "durch". Das Augenmerk der Behörde liegt künftig wohl auf anderen Orten des Kreisgebietes.

Die Brandfolgen des Objektes in der Fichtestraße sollen übrigens bis 26. Juni beseitigt sein. Laut Dieter Peschel werden bei der etagenweisen Renovierung des Hauses unter anderem auch arabische Toiletten eingebaut – ebenerdige große Porzellanbeecken mit erhöhter Wasserspülung. Damit habe man im Bereich Löbau/Zittau bereits gute Erfahrungen gemacht. Der Brandverursacher, ein junger Syrer, wurde auf Bewährung verurteilt. Seine Abschiebung nach Belgien ist noch nicht vom Tisch.

Frank-Uwe Michel / 26.05.2015

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